Tinnitus – das große Dröhnen im Ohr
Das Innenohr
Der normale Hörvorgang ist schnell zu erklären: Die Schallwellen, die von außen auf das Ohr treffen, werden von der Ohrmuschel gebündelt und über den Gehörgang zum Trommelfell geleitet. Feine Härchen am äußeren Ende des Gehörgangs verhindern, dass Fremdkörper in den Gehörgang eindringen können.
Dieser Abschnitt enthält Talg- und Knäueldrüsen, die zusammen das Ohrschmalz bilden. Erreicht der Schall das Trommelfell, wird dieses in Schwingung versetzt. Diese Schwingungen werden auf die Gehörknöchelchen übertragen.
Durch die Bewegung der Gehörknöchelchen werden die Schallwellen durch das ovale Fenster in die Gehörschnecke weitergeleitet. Diese liegt im Innenohr, ist mit Flüssigkeit gefüllt und mit etwa 48.000 Haarzellen ausgekleidet.
Diese Haarzellen nehmen jede Schwingung wahr und leiten sie wie eine Wanderwelle in die Schneckenspitze weiter. Die erregten Sinneszellen wandeln die mechanischen Schallwellen in die elektrischen Impulse für den Hörnerv um.
Diese Impulse laufen dann über den Hörnerv und die Gehörbahnen im Gehirn zum Schläfenlappen. Durch die verschiedenen Schaltmechanismen der Hörbahn werden die Töne scharf getrennt und so vom Schläfenlappen im Einzelnen unterschieden und registriert.
Bei Tinnitus scheint diese Umwandlung von mechanische in elektrische Energie gestört zu sein. Wann und wie genau Tinnitus entsteht, ist nicht bis ins letzte Detail bekannt. Die Ursachen von Tinnitus sind ebenso vielfältig wie die empfundenen Geräusche.
Wie erleben Betroffene den Tinnitus?
Der subjektive Tinnitus kann wieder in den akuten und den chronischen Tinnitus unterschieden werden. Ein akuter Tinnitus besteht nicht länger als drei Monate. Häufig tritt er in Verbindung mit einer Ohrerkrankung auf. Ab einer Dauer von über drei Monaten wird von einem subakuten Tinnitus gesprochen.
Ein chronischer Tinnitus hält trotz Behandlung länger als ein Jahr an und kann dann zu einer eigenen Krankheit werden. Manche Betroffene kommen mit den dauernden oder wechselnden Begleittönen im Alltag zurecht, sie können die Geräusche kompensieren.
Dabei sind die Wahrnehmungen recht unterschiedlich. Einige Betroffene erleben ein dumpfes Brummen, andere ein Pfeifen, Zwitschern oder Rauschen im Ohr. Und das mit unterschiedlicher Dauer und Lautstärke.
Bis zu 80 Dezibel kommen vor und das entspricht der Lärmbelastung tagsüber durch eine Autobahn. Da die Geräusche nicht von außen gemessen werden können, muss ein Hörakustiker Geräusche mit unterschiedlicher Lautstärke erzeugen, die der Betroffene dann mit seinen Geräuschen im Ohr vergleichen kann.
Für etwa zwei Prozent der Betroffenen ist die Belastung so stark, dass weitere körperliche und seelische Probleme hinzukommen. Viele müssen zusätzlich mit Antidepressiva behandelt werden. Diese Menschen sind meist völlig verzweifelt, da ausreichender Schlaf oder ein normales Leben für sie kaum möglich ist.
Ursachen und Therapien
Die Ursachen für das Entstehen des Tinnitus sind sehr vielschichtig. Bei etwa 30 Prozent der Fälle, und dies gerade auch bei jungen Leuten, ist eine übermäßige und dauerhafte Lärmeinwirkung, zum Beispiel Musik in hoher Lautstärke oder ein permanenter Lärmpegel am Arbeitsplatz, der Grund. Der Tinnitus kann auch nach einem zeitlichen Abstand zur Lärmeinwirkung ausgelöst werden.
Auch ein vorangegangener Hörsturz, der nicht rechtzeitig behandelt wurde, kommt als Auslöser für einen Tinnitus in Frage. Weitere Auslöser können Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein, wie zum Beispiel Herzrhythmusstörungen, Arteriosklerose oder ein zu hoher oder zu niedriger Blutdruck.
Stoffwechselstörungen wie Diabetes oder Fettstoffwechselprobleme haben ebenfalls Auswirkungen auf die Durchblutung des Gehirns. Andere organische Ursachen können Probleme im Kiefer- und Zahnbereich, Verspannungen an der Halswirbelsäule oder Störungen des Hormonhaushaltes sein.
Als weitere wichtige und häufige Auslöser für Tinnitus kommen Stress und psychische Belastung in Frage, denn etwa 30 Prozent der Betroffenen klagen über körperliche und seelische Belastungen. Allen diesen Ursachen ist letztendlich gemeinsam, dass wahrscheinlich die Durchblutung der feinen Haarzellen im Innenohr gestört ist.
Diese Störung der Durchblutung muss demnach eine Art Muster in den Gehörnervenbahnen hinterlassen, das nicht verschwindet, auch wenn der Schaden repariert ist und wenn etwa Lärmbelästigung oder Stress schon lange zurückliegen.
Die Therapiemöglichkeiten sind ebenso vielschichtig wie die zu Grunde liegenden Ursachen, sodass jede Therapie individuell aufgebaut werden muss. Bei einem akuten Tinnitus werden in erster Linie die Grunderkrankungen behandelt. Angewendet werden dann Infusionstherapien mit durchblutungsfördernden Eigenschaften, oder etwa auch Präparate, die Kortison enthalten.
Für die Betroffenen mit chronischem Tinnitus stehen Entspannungsübungen im Vordergrund. Mit Hilfe eines Biofeedback-Gerätes können diese Muskelanspannungen auf einem Bildschirm sicht- und hörbar gemacht werden. Der Betroffene merkt so, wie der eigene Körper auf psychische Überforderung reagiert und lernt, sich gezielt zu entspannen.
Eine weitere Möglichkeit ist der sogenannte Tinnitus-Masker. Diese Art Hörgerät erzeugt ein Geräusch, das den Tinnitus übertönt und ihn schließlich auslöscht. Meistens ist aber eine kombinierte Therapie für eine gezielte Unterdrückung des Tinnitus notwendig.
In der medikamentösen Therapie des Tinnitus werden vor allem Infusionen mit Medikamenten zur Verbesserung der Innenohrdurchblutung verwendet. Aber auch Kortisonpräparate, Ginkgo und lokale Betäubungsmittel kommen zum Einsatz.
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